“nur provozieren, nur schlägern”

16 Februar 2010 Text: Dominik Sander
Foto: Thorsten Drack / td-pictures.com

Zweiter Teil des großen Interviews (zum 1.Teil) mit Alexander Serikow. Heute geht es um seine ehemaligen Stationen, die höchste Liga in Deutschland und um den schon legendären Wolrd Cup of Hockey mit Wayne Gretzky. Gretzky gegen Serikow, wir wissen wie es ausging!

STARTING6: “Kommen wir von der Zukunft mal zurück in die Vergangenheit. Bei sechs verschiedenen Vereinen hast du gespielt, wo hattest du deine schönste Zeit?”

Alexander Serikow: “Ich muss sagen, Mannheim. Da war ich sieben Jahre, das war sehr schön. In München die drei Jahre waren nicht so gut. Ich wohnte in Landshut und bin immer hin und hergefahren. Das hat mir nicht so gepasst. So im Nachhinein habe ich die kleineren Städten eigentlich bevorzugt. So kleine Eishockey-Städte eben. In München wohnen die Spieler ewig weit voneinander entfernt, da ist es eben schwierig, dass man sich Nachmittags mal auf einen Kaffee trifft. Bietigheim ist sehr schön. Kassel auch. Hannover hat mir persönlich jetzt auch nicht so toll gefallen. Das war so wie in München.”

STARTING6: “Also ist das drumherum wichtiger als das auf dem Eis?”

Alexander Serikow: “Ja, das ist wichtig. Wie man auch in Bietigheim sieht, wir machen fast jeden Nachmittag etwas zusammen. Wenn man da mal eine Stunde auseinander wohnt ist das einfach schwierig.”

STARTING6: “Ist demnach schöner mit Bietigheim in München Meister zu werden als mit München selber?”

Alexander Serikow: “Das kann man jetzt schwer vergleichen. Die Meisterschaft mit München war auch toll. Aber die schönste Meisterschaft war die erste. Ich bin viermal DEL-Meister geworden. Und bei der zweiten Meisterschaft hab ich eben nicht gleich ein paar Flaschen Sekt getrunken, sondern hab das alles auf mich wirken lassen. Angeschaut wie die einzelnen Spieler reagieren und das ist einfach auch eine super Erfahrung. Bei der ersten Meisterschaft spritzt du mit dem Champagner herum und hast gleich nach dem Spiel zwei drei Flaschen leer, dann bekommst halt nach 20 Minuten nicht mehr viel mit von der ganzen Party.”

STARTING6: “War der Frust über den nicht wahr genommenen Aufstieg groß?”

Alexander Serikow: “Der Aufstieg war ja das Ziel. Nicht nur für mich, sondern auch andere Spieler kamen mit diesem Ziel hierher. Dass es letzten Endes finanziell nicht reicht, da können wir Spieler nichts dafür. Das ist schade. Und jetzt müssen wir halt dieses Jahr hoffen. Manche andere werden vielleicht auch den Verein wechseln.”

STARTING6: “Drei Meistertitel in Folge mit Mannheim. War das nicht zu leicht?”

Alexander Serikow: “Überhaupt nicht. Das war eine andere Zeit. Als junger Spieler hast du nur auf den Mann spielen müssen, nur provozieren, nur schlägern. Und die ersten zwei  Jahre waren ziemlich hart für mich.  Erst danach hab ich auch Powerplay gespielt und wirklich Tore geschossen. “

STARTING6: “Wieso wechselt man nach drei Meisterschaften von einem Top-Team weg?”

Alexander Serikow: “Die Mannheimer haben mir einen Vertrag angeboten. Gleichzeitig hatte ich Dreijahresverträge von den Eisbären Berlin und den München Barons vorliegen. Aber da ich ja mit 16 oder 17 Jahren schon aus Landshut weg bin, hab ich mich für München entschieden, um wieder näher an der Heimat zu sein. Aber, das hätte ich mir sparen sollen. München hätte ich nicht gebraucht.”

STARTING6: “Dennoch hat es in München für eine Meisterschaft gereicht.”

Alexander Serikow: “Ok, wenn man Geld hat, ist es ein bisschen einfacher. Aber es muss schon alles passen. Hatten auch einen guter Trainer damals. “

STARTING6: “München war aber auch ein Top-Team. Warum dann nach Kassel? Neue Herausforderung?”

Alexander Serikow: “Nein, eigentlich nicht. Meine Leistung im letzten Jahr in München war richtig schlecht. Ein guter Freund, der Tobi Abstreiter, hat mich dann in Kassel empfohlen.”

STARTING6: “Du bist aktuell unter den besten Scorern der zweiten Liga. Ist das nicht ein gutes Zeugnis um sich für die DEL zu bewerben?”

Alexander Serikow: “An die DEL hab ich da jetzt noch gar nicht dran gedacht. Aber jetzt wo du dran erinnerst. Mannheim wäre doch nochmal ganz nett.”

STARTING6: “Viel schlechter können sie ja nicht werden.”

Alexander Serikow: “Die haben schon eine gute Mannschaften. Aber sie werden zur neuen Saison schon ausmisten. Momentan haben sie vielleicht gute Einzelspieler, aber als Team? Große Namen sind da, aber es funktioniert halt nicht, da muss ja irgendwas nicht stimmen. Entweder System mäßig oder die Spieler schauen nur auf sich selbst. Oder hast ein paar Arsc***** drin, dann kannst es auch vergessen. Ein Idiot kann alles durcheinander bringen und du kannst nichts erreichen. Der Charakter der Spieler ist sehr wichtig. “

STARTING6: “Und der des Trainers?”

Alexander Serikow: “Natürlich, das ist auch wichtig. Aber von 20 Spielern sagen zehn der ist gut, und die anderen zehn sind unzufrieden. Allerdings würde ich mich mit einem Trainer, mit dem ich mich nicht verstehe, nicht das ganz Jahr herumärgern, sondern gleich wechseln.”

STARTING6: “Das Problem hast du ja nun in Bietigheim nicht, da bleibt ja alles in der Familie.” (Anm. d. Red.: Bietigheims Trainer Christian Brittig ist der Schwager von Alexander Serikow)

Alexander Serikow: “Dann hätte ich ja schon nach einem Monat wechseln müssen.” (lacht)

STARTING6: “Wie groß ist der Unterschied zwischen DEL und zweiter Bundesliga?”

Alexander Serikow: “Das kommt drauf an. Wenn einer hart spielen kann, dass ist das kein großer Unterschied. In der DEL ist es halt alles ein bisschen härter. Probleme bekommen halt die Spieler, die nicht so hart spielen können. Die in der zweiten Liga gut spielen, aber eben weder hart einstecken noch hart austeilen können. Sind ja einige gute Eishockeyspieler an der DEL gescheitert. Brezina zum Beispiel. Jahrelang immer einer der besten Torjäger in der zweiten Liga, aber hat es in der DEL nicht geschafft. Da fehlte es am körperlichen.”

STARTING6: “Würdest du es nochmal probieren in der DEL?”

Alexander Serikow: “Wenn ich in der DEL spielen wollte, würde ich es nochmal probieren. Würde auch einen Vertrag bekommen, wenn ich unbedingt will. Da würde mich schon einer nehmen. Aber ich habe Familie und fühle mich hier in Bietigheim wohl. Also hoffe ich, dass es hier weitergeht, ich einen neuen Vertrag bekomme und dann sehen wir weiter. Ich muss nicht nochmal in der DEL spielen. Ich hab doch bereits alles erreicht.”

STARTING6: “Dein höchstes Ziel war also die DEL? Nicht ab und an von etwas höherem geträumt?”

Alexander Serikow: “Als ich jung war, hast du ja von der NHL kaum was mitbekommen. Das war ja so weit weg, da hat ja niemand dran gedacht. Stammspieler in der ersten Liga war da der größte Traum. Und damals bei nur zwei Ausländern im Team war das auch schaffbar. Das war mein Ziel, das hab ich erreicht. Ich war deutscher Meister, war bei der Olympiade, hab Weltmeisterschaften gespielt und war beim World Cup of Hockey dabei. Und jetzt auch noch Zweitligameister.”

STARTING6: “Da fehlt eigentlich nur noch ein erfolgreicher Aufstieg, oder?”

Alexander Serikow: “Stimmt, einen Aufstieg hab ich bisher nie mitgemacht. Einen Abstieg mit Kassel, aber da war ich ja auch verletzt. ” (lacht)

STARTING6: “Kommen wir nochmal auf den World Cup of Hockey. Wie war das damals?”

Alexander Serikow: “Jetzt bei der Olympiade sind so viele NHL-Spieler dabei, dazu auf der kleinen Eisfläche. Da wird die deutsche Mannschaft nicht so viele Chancen haben. Das gleiche war beim World Cup, da waren alle NHL Spieler dabei, da hattest als deutscher Spieler keine Chance. Die waren ja alle 30 Zentimeter größer und hatten 30 Kilo mehr. Da sieht man einfach schlecht  aus. Das war aber trotzdem ein großes Ereignis für mich. Weil bei der WM sind die ganzen NHL-Profis nicht dabei.”

STARTING6: “Hast du beim World Cup of Hockey nur in der Vorrunde im Kader gestanden, oder warst du auch in Montreal bei der Endrunde dabei?”

Alexander Serikow: “Ich war bei der Endrunde auch dabei. Aber ich saß nur auf der Tribüne und hab Wayne Gretzky zugeguckt.”

STARTING6: “Das tut doch schon weh, bei einem solchen Turnier im Kader stehen und dann nicht mitspielen dürfen?”

Alexander Serikow: “Ich glaube, dass es mir mehr weh getan hätte, wenn ich gegen die NHL-Profis hätte spielen müssen. Das war richtig heftig für die Deutschen. Da waren einige gute Checks dabei.” (lacht)

STARTING6: “Hoffen wir, dass die Deutschen bei Olympia nicht so viel einstcken müssen. Wir danken vielmals für das hochinteressante Gespräch”

Alexander Serikow: “Kein Problem, immer wieder gern.”

Hier gehts zum 1.Teil des Interviews.

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2 Kommentare »

  • Czech said:

    Hallo erstmal, blitzsauber geführtes Interview von Dominik Sander, sehr kurzweilig fast schon fesselnt. Alexander Serikow gibt auch nette Eindrücke wieder, wir können Stolz auf solche lockeren Typen sein.
    Ich freue mich schon auf das nächste Interview.
    Grüßle Bernhard

  • J. Chigliak said:

    Kann ich nur beipflichten. Klasse! Weiter so!

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