Mehr als ein Ausflug mit Freunden?

23 Juni 2010 Text: Manuel Ort, Florian Schreiber
Foto: Dominik Eltrich

Es ist Sommer! Die Vögel zwitschern, die Tage werden länger und die Röcke dementsprechend kürzer. Es ist aber auch die Zeit um sich zu besinnen und die vergangenen Monate Revue passieren zu lassen.

Schlecht asphaltierte Landstraßen

Was haben wir im vergangenen Winter gewonnen und verloren, welche tollen Tore gesehen und welche Begeisterung erfahren dürfen? Wir fuhren tausende von Kilometern über langweilige Autobahnen und schlecht asphaltierte Landstraßen, nur um unser Team zu sehen und zu unterstützen. Doch immer wieder schiesst einem ein und die selbe Frage in den Kopf: Warum tun wir uns das eigentlich an? Es kostet uns neben einer Menge Geld schließlich auch noch einen Haufen Zeit.

“Arme Irre”

Für unsere Arbeitskollegen, Freunde oder Familie klingt das alles mächtig bescheuert – schließlich beschweren die sich schon, wenn sie 600 km im Auto sitzen müssen, um an den Gardasee in den wohlverdienten Urlaub zu kommen. Warum also für maximal 65 Minuten Eishockey quer durch die Republik heizen? Warum fahren diese “armen Irren”, die man singend und tanzend an den Autobahnraststätten dieser Nation sieht, nicht einfach auch in den Urlaub? Mal abgesehen davon, dass wir es als Kinder hassten lange Auto zu fahren. Wir waren keine 20 Minuten unterwegs in den Sommerurlaub und fragten bereits das erste Mal, wann wir denn endlich da seien. Die wenigsten hatten damals Gameboys und im schlimmsten Fall noch nicht einmal Geschwister, die man ärgern konnte. Das Leben war hart und gemein und so lange ist das alles eigentlich noch gar nicht her.

Das Gefühl “frei” zu sein

Vielleicht ist es auch das Gefühl “frei” zu sein, das uns überwältigt, wenn wir mit 200 km/h über die linke Spur wehen oder nachts um halb zwei zwischen Kassel und Hannover bei -21° unser Geschäft auf einer zügigen und dreckigen Rastplatztoilette verrichten. Vielleicht sind es aber auch die Menschen, mit denen uns die Faszination “Fan sein” verbindet. Die Stunden, umringt von Mitstreitern, geben einem verdientermaßen die Möglichkeit sich mal gehen zu lassen,  man selbst zu sein – die Probleme des Alltags bei Seite zu schieben und einfach das Leben zu genießen – das Jetzt und Hier. Für den Vernunftsmenschen mag es primitiv sein, im “Hier und Jetzt” zu leben, immerhin ist das Morgen unsere Zukunft und die ist ja bekanntermaßen sehr wichtig. Ja, das mag richtig sein, aber nicht jeden Tag – unvernünftig zu sein macht nämlich viel mehr Spass. Einer der wenigen Fragen, die man sich wirklich regelmäßig stellt: In welchen Stadien waren ich und mein Nebenmann schon?

Wo war es am schönsten?

Welche Eisstadien haben wir in diesem Jahr besucht, wieviel neue waren darunter und überhaupt: Welcher Ausflug war der schönste? Wie war die Stimmung und wo gab es das beste Essen? An welchem Standort haben wir die nettesten Bekanntschaften gemacht?

Gerade wir Eishockeyfans sind besonders gesegnet, hat die von uns favorisierte Sportart doch so viele Spieltage wie kaum eine andere Profisportart auf diesem Planeten. Die meisten Eishockeyteams kommen, nimmt man die Vorbereitung mit dazu, auf über 60 Spiele pro Saison – das ergbit, laut pi mal Daumen Rechnung, mindestens 30 Auswärtsspiele. Es bieten sich uns also mehr als genügend Möglichkeiten mal über den Tellerrand des eigenen Fanblocks hinaus zu blicken und sich dem Thema “Groundhopping” zu widmen.

“…zieht von Stadion zu Stadion”

Was ist eigentlich Groundhopping? Wir haben mal eine bekannte Suchmaschine bemüht und sind dabei auf folgendes interessantes Zitat von Wikipedia.de gestoßen:

„Ein Groundhopper zieht von Stadion zu Stadion mit dem Ziel, durch Spielbesuche sein Konto an Ground- und Länderpunkten zu erhöhen und möglichst viele unterschiedliche Sportstadien oder -hallen zu besuchen“

1. “… zieht von Stadion zu Stadion…”

Zu den Heimspielen des eigenen Teams zu gehen, ist selbstredend die Pflicht des treuen Fans, denn wo sonst sollte das Team eine Macht sein, wenn nicht zu Hause? Der Großteil der Groundhopper sammelt so auf den Reisen des Lieblingsteams seine neuen Stadien und folgt seinem Verein daher Wocher für Woche quer durch`s ganze Land. Ausnahme sind hier sicherlich die “Hardcore-Groundhopper” – das sind diejenigen, die Ihren Urlaub prinzipiell so planen das Sie am Erholungsort gleich noch ein Eisstadion besuchen können. Und wenn sie daheim sind, dann sind sie sich auch nicht zu schade, die Partie der Kleinschüler ihres Vereins im Dorfstadion um die Ecke anzuschauen. Warum? Na klar: “Jawoll, neuer Ground und Eintrag in der Liste – das Freiluftstadion in ….. steht jetzt auch auf meiner Liste”.

2. “… sein Konto an Ground- und Länderpunkten zu erhöhen…”

Das hört sich ja fast so als wären wir bei einem knallharten Wettbewerb unter Fans. Knallhart ist der vielleicht nicht, aber fast. Auch der ehrgeizige Vergleich mit anderen gehört zum Groundhopping wie der Bandencheck zum Eishockey. Es wird zwar nicht mit ganz so harten Bandagen gekämpft, man hat ja schließlich das selbe Ziel, es ist aber schon eine Motivation in den penibel geführten Listen einen guten Platz zu belegen. Eindruck machen hier vor allem die Grounds, die in den Listen der wenigsten Grondhopper zu finden sind – Stadien die im weit entfernten Ausland zu finden sind – z.b. der Madison Square Garden in New York oder die Khodynka Arena in Moskau. Wer solche Stadien in seiner Liste stehen hat, ist sicherlich nicht zum ersten Mal ohne das eigene Team in die Fremde gereist und plant keinen Urlaub mit der Familie, ohne vor der Abreise zu überprüfen, wie weit es bis zum nächsten Ground ist.

Ab auf die Straße mit euch

Abschließend sei gesagt: Egal welcher der genannten Gründe es ist, der einen eher müden Heimspiel-Besucher motiviert, sich der Gemeinde der Groundhopper anzuschließen, er erreicht damit auf jeden Fall etwas, was sich jeder Eishockeyfan dieser Tage wünscht: Die Hallen werden voller, die Stimmung besser, und somit auch unser aller Lieblingssport populärer. Deswegen sagen wir von STARTING6: “Ab auf die Straße mit euch”. Aber: Denkt dran, rechtzeitig zu sparen, nicht, dass die nächste Auswärtsfahrt oder das Bierchen auf dem Weg dorthin an der eigenen leeren Kasse scheitert.

Wer sich näher mit dem Thema Groundhopping beschäftigen möchte, oder sich die imposanten Liste anderer Groundhopper ansehen will, der findet diese Informationen auf der Seite der Icehopper:  www.icehopper.de


Dieser Beitrag gefällt mir und ist mir etwas wert: [info]

Ähnliche Artikel

3 Kommentare »

  • Humpa said:

    Ein ganz ein Nettes Bildchen. Wird zeit das September wird.

  • Manuel Ort (author) said:

    Find ich auch Humpa! :-)

    Man könnte fast meinen du wärst noch nüchtern…. :)

  • Larsserc said:

    Na da findet man sich doch selbst wieder in diesem Bericht… wirklich klasse geschrieben und grüße nach Kfb in die Grille :-) )

Schreibe einen Kommentar!

Schreibe hier dein Kommentar, oder schreibe einen Trackback auf deine Seite.

Sei nett. Halte die Kommentare sauber. Bleib beim Thema. Kein spamming. Keine Trolle.

Folgende HTML-Tags sind in den Kommentaren erlaubt:
<a href="" title=""> <abbr title=""> <acronym title=""> <b> <blockquote cite=""> <cite> <code> <del datetime=""> <em> <i> <q cite=""> <strike> <strong>