Ein schöner Pfiff

21 Oktober 2010 Text: Dominik Sander
Foto: NVJ / flickr.com unter CC-Lizenz

In schwarz-weiß sorgen die Herren seit ewigen Zeiten dafür, dass wir all wöchentlich unseren Lieblingssport genießen können. Doch sie stehen nicht nur unter unseren Blicken unter Beobachtung, in vielen Spielen ist ein Schiedsrichterbeobachter des DEB zugegen. Wir haben ihm bei der Arbeit über die Schulter geschaut.

Oft hat man ja das Gefühl, dass nicht nur ein Schiedsrichterbeobachter in der Eishalle ist, sondern meist ein paar tausend. Jeder achtet natürlich peinlichst genau darauf, dass der Herr Schiedsrichter und seine beiden Assistenten alles richtig machen. Nunja, in den meisten Fällen eher, dass diese drei alles im Sinne des eigenen Lieblingsvereins pfeifen. Doch für wirklich eine realistische Beurteilung gibt es die Schiedsrichterbeobachter. Unser Beobachter Thomas Frenzel stört das aber erst neuerdings: “Früher auf dem Eis war es dir egal wenn die Fans ständig rumgeschriehen haben, aber heute stört mich das, wenn die selbst nach den saubersten Checks Strafen sehen wollen.”

Kontrolle ist gut

Ein hartnäckiges Gerücht, das sich in der Eishockeywelt hält ist, dass eine Beobachtung durch den Verband eine Art Bestrafung für den Schiedsrichter ist. Nach dem Motto “Beim letzten Spiel haben beide Trainer gemeckert, nun wird er beobachtet.” Das ist schlichtweg Blödsinn. Jeder Schiedsrichter, und natürlich auch die Linienrichter, werden in der Hauptrunde mindestens bei fünf Spielen beobachtet. In der normalen Wirtschaft hieße das wohl “Qualitätssicherung”. In den Play-Offs ist übrigens immer bei jedem Spiel ein Schiedsrichterbeobachter anwesend. Und auch hier hat es nichts mit eventuellen schlechten Leistungen in der Partie zuvor zu tun. “So schafft es manch Schiedsrichter in einer Saison bei um die 15 Spielen beobachtet zu werden” erklärt Frenzel. Das wiederum verschafft dem DEB eine wunderbare Auflistung der Schiedsrichterleistungen, womit der Verband seine Unparteiischen sicher besser einschätzen kann, als alle Zuschauer zusammen.

Von wegen leichte Aufgabe

Ist es eigentlich eine Kontrolle und was wird überhaupt alles kontrolliert? Kontrolle ist der falsche Ausdruck, früher war es mal so, heute ist es eher “Coaching” der Schiedsrichter. Trotzdem werden natürlich auch die Entscheidungen oder vermeintlichen Fehlentscheidungen des Schiedsrichtergespanns “kontrolliert”. Dies sind jedoch nur die offensichtlichsten Dinge, die auch einem Schiedsrichter-Laien auffallen könnten. Die Aufgaben der Unparteiischen an Stellungsspiel, Kommunikation, Aufmerksamkeit und Konzentration sind immens.  Oder wer von unseren Lesern wusste, dass der Linienrichter ständig exakt wissen muss, wo seine Kollegen auf der Eisfläche gerade sind, und was sie da tun? Ein Schiedsrichter muss also nicht nur alle Spieler, die Spielerbänke, die Eisfläche und natürlich den Puck im Auge behalten, sondern auch noch seine Kollegen. Mancher Fan ist schon mit der leicht weniger komplexen Multitask-Aufgabe “Bier festhalten” und “Puck folgen” überfordert. So mancher Fehler der Unparteiischen kann so, wie auch bei den Spielern, auf andere Fehler zurückgeführt werden. Einmal zu spät zum zweiten Linienrichter geschaut, und schon ein Icing falsch eingeschätzt. Einmal zu weit weg vom Tor gestanden, und schon sieht man die freiliegende Scheibe nicht, oder stolpert elegant über den herannahenden Verteidiger. “Bei solchen Aktionen zeigen wir unseren Kollegen schon auch mal eine versteckte B-Note” weiß Frenzel aus Erfahrung. Wer also mal auf der Tribüne nach der Flugeinlage des Schiedsrichters eine “6,0″ sieht, hat eventuell einen Schiedsrichterbeobachter entdeckt, der seinen Kollegen ärgert.

Schreibarbeit

Während dem Spiel werden die Entscheidungen mitgeschrieben, sowohl gute, als auch schlechte. Wenn man nun also einen Beobachter auf der Tribüne ausgemacht hat, der unentwegt auf seinen Formularen rumschreibt, kann man daraus nicht auf die Schiedsrichterleistung schließen: “Wenn ich viel schreibe, höre ich immer die tollsten Dinge, von den Leuten die um mich rumsitzen.” Aber ob der ganze Text nun in das Feld der positiven oder negativen Eindrücke fließt, sieht man nicht. Die ganzen Notizen dienen in erster Linie sowieso nur als Gedankenstütze für den Beobachter, der in der Drittelpause die Kollegen vom Eis besucht. Hier werden einzelne Situationen durchgesprochen und bewertet. Der Beobachter hakt nach (in dem Fall ohne Strafe wegen Hakens) warum der Schiedsrichter die ein oder andere Situation so und nicht anders bewertet hat. Da kann es auch schon passieren, dass der Beobachter eines besseren belehrt wird, weil er aus seinem Blickwinkel die Situation falsch eingeschätzt hat.

So schauen sich die offiziellen Beobachter des DEB zig Eishockeyspiele in der Saison an und achten dabei peinlichst genau auf jeden Fehler des Unparteiischen. “Mir fällt es mittlerweile sogar bei Fußballspielen schwer, nicht ständig auf den Schiedsrichter zu achten.” klagt Frenzel sein Leid, jedoch nicht ohne zu ergänzen: “Aber es gibt schlimmeres und Spaß macht es immer noch.”


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Ein Kommentar »

  • JensE said:

    Hallo,

    ein sehr schöner Kommentar über die echt schwere Arbeit der Schiris (und deren Beobachter).

    Warum gibt es so wenige Schiri-Kommentare oder -Kolumnen, welche die Sache mal von der anderen Seite erklärt?

    Davon abgesehen gibt es doch immer wieder erstaunlich viele Fans, welche die Feinheiten der Regeln gar nicht kennen!

    Bis denn
    JensE

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