Meister der Drohgebärden

23 Juli 2010 Text: Björn Fricke
Foto: Oka Budi / flickr.com

Noch gestern sah alles danach aus als müsste die schwer angeschlagene DEL die neue Saison ohne seinen Meister bestreiten.

Es ist das Horrorszenario für jeden Eishockeyfan. Dem eigenen Club droht ihn aussichtsloser Lage das Aus. Ein Nervenkrieg, den im letzten Jahr viele Eishockeyfans von zumeist DEL-Vereinen erleben mussten. Kassel, Frankfurt, Krefeld, Köln, überall drohte die Insolvenz. Für die Hannover Scorpions ist es nicht das erste Mal am Abgrund. Langsam ergibt sich ein jährliches Säbelrasseln des Mehrheitseigners Günther Papenburg gegen Gläubiger und Kommune im Versuch das finanzielle Mammutprojekt TUI Arena und Hannover Scorpions GmbH mit Fremdmitteln zu entlasten. Ein Streit um Rückzahlung vom Land Niedersachsen an die Arena Betriebsgesellschaft ausgestellter Genuss-Scheine führte vor zwei Jahren zur wochenlangen Zitterpartie für Fans, Spieler und Sponsoren. Am Ende lenkte Günther Papenburg ein und konnte kleine Erfolge mit seiner Droh-Taktik gegenüber der Politik verbuchen.

Dieses Mal klangen die Drohungen anders!

Weiterhin schreiben die Hannover Scorpions rote Zahlen, lediglich die Arena weist inzwischen eine positive Bilanz auf. Unter anderem drücken den Club immense Energieschulden. Im letzten Jahr mussten selbst die Spieler auf Gehalt verzichten und taten dies überwiegend um ihren Arbeitsplatz zu sichern. Günther Papenburg möchte die finanzielle Last der TUI Arena nicht mehr alleine stemmen und sucht den Kompromiss mit der Messe AG und der Stadt. Doch in der Telefon-Konferenz zwischen Bürgermeister Weil, Gläubigern und Messe AG ging es wohl um mehr als dies, es ging auch um die Zukunft der Lizenz der Hannover Scorpions. Am Ende blieben verärgerte Teilnehmer ohne Kompromiss zurück, zu verhärtet waren die Fronten und Günther Papenburg liess offen verlauten, sich aus der Förderung des Eissports in Hannover zurückzuziehen. Die Welle des Entsetzens die er damit erneut lostrat, bei Fans und Spielern, sowie der Imageschaden gegenüber den Partnern, es sei die Frage gestattet ob es den möglichen Gewinn dieser Verhandlungstaktik wert war.

Auch dieses Mal lenkte der Mäzen am Ende ein. Eine Insolvenz der Scorpions hätte die Spekulationen um einen Zusammenbruch der DEL neu angefacht, es wäre das Waterloo für die Deutsche Eishockey Liga gewesen den aktuellen Meister in die Insolvenz zu verabschieden und entscheidend wäre am Ende wieder ein preussischer Feldherr gewesen. Zurück bleibt eine große Menge zerschlagenes Geschirr und schwieriger gewordene Verhandlungen über die Neu-Ausrichtung der Besitzrechte an der Arena.

Warum erwirtschaftet der deutsche Eishockeymeister keine Gewinne?

Es scheint als sei die Scorpions GmbH in einem Teufelskreis gefangen. Die Sponsoren- und Zuschauereinnahmen decken nur bedingt die festen Ausgaben für Spielerkader, Hallenmiete und Energiekosten. Am Ende schlug noch eine Gerüchten zu Folge nicht unerhebliche Meisterprämie ein großes Loch in die Bilanzbücher von Eigner Papenburg. Mit den immer mehr aufkommenden Hannover Indians, die was das Marketing und Merchandising angeht in Deutschland zu den absoluten Spitzenclubs gehören, fällt es Manager Stichnoth schwer seine Marke am eh schon schwer umkämpften Hannoverschen Sportmarkt unterzubringen. Neben den Indians nimmt Hannover 96 ein Groß der Sponsorenmittel im Umkreis für sich ein, zusätzlich drängen Handball und Basketball-Vereine in die Zwischenräume.

Sportlich hui, Aussendarstellung pfui!

Das kauzige und energisch wirkende Machtgehabe des Eigners Papenburg erschwert Marco Stichnoth, dem erfolgreichen ehemaligen Team-Manager der Nationalmannschaft, genauso seine Arbeit, wie niveaulose Seitenhiebe in der Presse hinsichtlich der sanitären und allgemeinen Umstände am Pferdeturm. Wieder einmal drehten die Verantwortlichen vom Pferdeturm diese sarkastische Vorlage in eigenen Profit, mit dem Slogan “Kalt, Dreckig, Laut” und der von Stadionbetreiber Herbert Müllerchen extra kross gebratenen Stichnoth-Bratwurst wurde bei “Glühwein und Tralala” ordentlich zusätzliches Geld in die Kasse gespült. Dabei ist das nach aussen so angespannt wirkende Verhältnis in Wirklichkeit gar nicht so feindlich, man kann gemeinsam an einem Strang ziehen. Das zeigte unter anderem die Förderlizenz von Youri Ziffzer, der den Indians in den Playdowns gegen Freiburg am Ende den sportlichen Nichtabstieg sicherte. Fair gratulierte auch Dirk Wrobleski offiziell dem Nachbarn zum Meistertitel und zollte Respekt für das sportlich Geleistete. Ähnlich großen Respekt dürfte Herr Stichnoth auch für das Marketing und Merchandising der Indianer haben. Beide Clubs können jeweils vom anderen in diesen Dingen lernen.

Warum ist die stadteigene Konkurrenz wirtschaftlich besser aufgestellt?

Die Position des Underdogs wurde glänzend von den feinfühligen Machern am Turm aufgenommen und umgesetzt, die ewige Rivalität existiert weiter und die Indians haben dabei deutlich finanziell die Nase vorn. Erst kürzlich wurde ein erneuter Coup bekannt, ein großer Mobilfunkhersteller wird Partner bei den Indians. Ein Zweitligist der Sponsorenzuwendung von Großkonzernen erfährt, während man selber mit seinem Premium-Produkt Mühe hat regionale Partner zu akquirieren. Wahrlich kein einfache Aufgabe den Verein aus den roten Zahlen zu hieven, vor allem weil das Team immer noch nicht bei den Stadt-Hannoveranern angekommen ist und seine Fans hauptsächlich aus der Region gewinnt. Dies ist nicht nur dem ECH zuzuschreiben, sondern auch dem ungünstigen Standort weit im Süden der Stadt, der lange Anreisewege mit der Stadtbahn oder dem Auto erfordert. Das deutsches Profi-Eishockey nur aus der zweiten Liga im Free-TV zu empfangen ist sollte auch erwähnt sein. Ausnahmen sind die Übertragungen auf Eurosport, die jedoch so sporadisch sind, dass sie weder finanziell, noch medienwirksam für Aufsehen sorgen. Generell sorgt die leere Halle bei Spielübertragungen durch SKY oder Eurosport eher wiederum für Sorgenfalten.

Wie geht es weiter für die Scorpions?

Die neue Saison scheint zunächst gesichert. Die Umstände werden sportlich Spuren hinterlassen, der neue Trainer Toni Krinner wird die Hände voll haben mit den begrenzten Mitteln eine schlagkräftige Truppe zusammenzustellen. Hilfreich dürften da die Kontakte von Manager Stichnoth sein, dem es immer wieder gelingt Top-Spieler zu erschwinglichen Preisen nach Hannover zu locken und der so sicherlich auch letztes Jahr enormen Anteil an dieser starken Meistermannschaft hatte. Nach dem Gehaltsverzicht der Spieler im letzten Jahr ist der neue Beinahe-Konkurs sicherlich Thema am eigenen Familientisch und viele Spieler werden darüber nachdenken, ob sie es verantworten können weiterhin in Hannover zu spielen. Sollte sich dies auch ins Lager der Sponsoren erweitern ziehen neue dunkle Wolken am Horizont auf.

Fans gehen vorran

Am gestrigen Freitag Abend standen einige Dutzend Fans in ihren Trikots mit Spruchbändern bestückt am “Kröpke”, dem Zentrum von Hannover, und versuchten aufmerksam zu machen auf das drohende Aus für ihr Team. Am Ende sinnlos, denn wirklich in Gefahr waren die Scorpions wohl nie. Zu sehr hängt Günther Papenburg, wie eben diese Fans mit seinem Herzblut am Verein. Er sollte sich jedoch im Klaren sein, was er seinen Mitstreitern jedes Jahr aufs Neue mit seinen Ausstiegs-Drohungen antut. Ein Blick ins extra aus dem sommerlichen Wartungsprozess gerissenen Fan-Forum zeigt das Ausmaß der Fassungslosigkeit und des Entsetzens und die nackte Angst den Frankfurt Lions in die Abgründe der Landesverbände zu folgen. Es gäbe sogar sicherlich einige denen eine Rückkehr ins Icehouse zu Wedemark und der Neuanfang gefallen würde. Zumindest eins hat man mit dem Vorgängerverein Wedemark Wildcats gemein, scheinbar braucht man als Scorpionsfan sieben Leben um diesen Groundhog-Day im jährlichen Turnus durchzuhalten. Am Ende kann man auch hier vom Stadtrivalen lernen, denn nach drei Insolvenzen möchte niemand aus Kleefeld wohl momentan seine Mokassins mit den “Anderen” tauschen.




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12 Kommentare »

  • Großstadtindianer said:

    Gute Analyse, aber warum beschreibt der Autor es als sicheren Fakt, dass das eine erneute Drohgebärde war und der Spielbetrieb für die kommende Saison gesichert sei? Davon kann ich nirgends was lesen, weder bei dpa, noch bei Google News oder den hannoverschen Lokalzeitungen. Hat Starting6 womöglich mal wieder geheime Quellen angezapft? :-)

  • Manuel Ort said:

    Die Illuminaten hams uns gesagt! :)

  • Björn Fricke said:

    Es geht um zwei Bereiche, zum einen die Arena, bei der Papenburg gerne Teile abstossen möchte an die Stadt bzw. die Messe AG. Hier ist man nach wie vor in Verhandlungen, die Stadt hat daran ja durchaus Interesse da es sich um ein kapitalschöpfendes Projekt handelt.
    Die defizitäre Scorpions GmbH hingegen, kann durch diese Anteilsverkäufe entlastet werden. Das ist mein Informationsstand zur Lage.
    Man muss immer im Auge behalten das Günther Papenburg mit sehr viel Herzblut und Einsatz das Projekt Hannover Scorpions in der TUI Arena betrieben hat, er wird seinen Verein nicht aufgeben, wenn Bewegung in die Arena-Besitz-Strukturen kommt und danach sieht es momentan aus.
    Daher gehe ich als Autor des Artikels davon aus, dass die Scorpions mit großer Wahrscheinlichkeit, ausser die Verhandlungen über die Arena scheitern, was sehr unwahrscheinlich ist, die Mission Titelverteidigung aufnehmen werden.

    Die Illuminaten sind zwar immer gute Quellen, haben aber manchmal eine fragwürdige Agenda wie so manche Lizenzeigner ;)

  • U(h)rindianer LW said:

    sorgfältig recherchiert, sachverständig formuliert. Die Schlussfolgerung trifft überdies das aktuelle Bauchgefühl zum vermutlichen Ausgang dieser zornigen Attacke.

  • IndianerScorpion said:

    Danke für den Artikel.
    Sie haben Recht, die Halle ist JWD und die Anfahrtwege sind weit, aber mit einer ansprechenden Werbung (leider gibt es die in Hannover nur sporadisch) sollte es auch in dieser Halle mehr Zuspruch geben.

    Nun zu den Indians, die Sie mir ein wenig zu sehr in den Himmel heben. Ich war dabei als die Indians die DEL-Lizenz verschenkt haben und kann aus eigener Erfahrung sagen, das die Indians schon aus der ersten Insolvenz hätten lernen sollen und nicht das drei mal machen mussten. Allerdings haben sie es geschaft mit einem PR-Trick den Unmut der Fans auf ein anderes Ziel zu lenken. Damit kein falsches Verständnis aufkommt, ich gehe zu Spielen beider Vereine.
    Gruß Nic
    Die Eishockey-Hauptstadt ist HANNOVER

  • Skorpion said:

    Der Text ist Müll.
    Die Indians werden hier hochgelobt als wären sie der beste Verein.
    Wer so einen Scheiss schreibt und sich damit über die Lage der Scorpions lustig macht hat garkeine Ahnung von Eishockey, so wie alle die zum Turm gehen.

  • Manuel Ort said:

    Mit welchem Satz macht sich der Autor denn über die Scorpions lustig?

  • Indianer Lutz said:

    Warum haben “alle, die zum Turm gehen” keine Ahnung vom Eishockey?

    Viele Türmler haben regelmäßig Eishocky gelebt, als ihr noch über die zugefrorenen Felder der Wedemark eure Kringel gedreht habt.

  • Björn Fricke said:

    @IndianerScorpion

    Was vielleicht ein wenig nach “in den Himmel” heben aussieht, ist persönlicher Respekt für das Geleistete und die “Cinderellastory”, die momentan entsteht.
    Von den Zahlen gerade im Bereich Merchandising träumen viele DEL-Clubs, unter anderem auch die Scorpions.

    Sollte es der Führung auch noch gelingen, die gelinde gesagt desaströsen Nachwuchsverhältnisse in der Region mit dem angestrebten Konzept zu verbessern, wozu in meinen Augen auch entsprechende Zusammenarbeit im Nachwuchsbereich mit den Scorpions gehört und diese “im Boot”, sehe ich wirklich hoffnungsvoll in die Zukunft des hannoverschen Eissports. Diesem Thema werde ich auch in Zukunft Aufmerksamkeit hier widmen und hoffe es besteht Interesse daran.

    Danke für den Kommentar.

  • Reichi said:

    Da der “Skorpion” höchstwahrscheinlich erst gerade 14 ist, würde ich auf diesen Kommentar von ihm auch nicht weiter eingehen. Vorpubertär! Man sollte diesen Bericht mal ohne Vereinsbrille lesen, dann sieht man, dass der Autor die großen Unterschiede beider Vereine aufgelistet hat. Fakt sind ja die Sprüche von Stichnoth und Zach, die man am Pferdeturm erfolgreich vermarkten konnte. Darüber haben auch schon andere (EHN, Schädelspalter,) berichtet.
    Es ist aber momentan nicht die Frage, welcher Verein nun besser ist, sondern wie es in Zukunft weitergeht. Und das betrifft beide (!!!) Teams gleichermsßen!

  • Michael said:

    Die Arena macht Gewinne, aber Papenburg will sie loswerden? Die Scorps hingegen machen Verlust und er will sie behalten? Wo ist das Problem der Beteiligten?

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