Blut und Schweiß

13 August 2010 Text: Dominik Sander
Andrew Gardecki / flickr.com

Gestandene Männer brechen fast in Tränen aus, nur weil sie soeben ein Kleidungsstück für locker 500 Euro erworben haben. Wo gibt’s denn so was? Natürlich, bei den bekloppten Eishockeyfans. Heute werfen wir mal einen Blick auf die Spezies der Gameworn Trikot Sammler.

Es gibt sie in jeder Eishalle, bei jedem Verein. Es sind selten die Alle-Auswärtsspiele-Fahrer und mit Megaphon im Fanblock sind auch nur die wenigsten anzutreffen. Dennoch sorgen sie für gute Stimmung, meist aber nur am Ende der Saison bei den Schatzmeistern der Clubs. Denn dann werden die originalen Spielertrikots verscherbelt und man bietet gegeneinander um das Leibchen des Topscorers seines Lieblingsclubs.

Leidenschaft mit Struktur

Doch bei den meisten Sammlern findet man meist mehr als nur die Trikots eines Vereins. Denn wenn einen die Sammelleidenschaft gepackt hat, dann wächst die Sammlung unaufhaltsam. “Anfangs habe ich den Fehler gemacht, mich zu verzetteln. Dann ist irgendwann keine Struktur mehr zu erkennen. Zudem wird es dann auch schnell teuer. Selbstdisziplin ist hier gefragt.” weiß Stefan Zimowski aus Hamburg. Denn auch als Sammler kann man nicht einfach jedes Trikot in den Schrank hängen, nur weil ein beliebiger Eishockeyspieler sein Blut und Schweiß in den Stoff gepumpt hat. Struktur muss her.

Möglichkeiten gibt es genug. Frank Schwarzwälder aus Bietigheim sucht sich “die Jerseys dann schon nach Spielern aus die [er] gut finde bzw. sie müssen was mit [seinem] Verein zu tun haben.” Andere Sammler scheuen weder Kosten noch Mühen um die komplette Trikot-Geschichte eines einzigen Spielers zu besitzen, egal wo dieser schon überall spielte.

Für Raph aus Schwenningen gibt es nur eine simple Regel: “Für mich [ist] grundsätzlich alles interessant, solange der weiße Schwan drauf ist.”

Einzigartig!

Es ist jedoch nicht nur der Verein ist entscheidend: Man muss schon erkennen, dass die Trikots getragen wurden. So fing die Sammelleidenschaft dann auch bei den meisten an. “Doppelt genähter Stoff, Patches, Fight-Strap, Spielspuren, das hob sich einfach von der Fanshop-Massenware ab und hat mich fasziniert” erzählt uns Raph. Ähnlich ging es seinem Kollegen Frank aus Bietigheim, der vom Betreuer der Adler Mannheim ein zerfetztes Jersey geschenkt bekam. Etwas Besonderes besitzen, etwas Einzigartiges. Jeder Gameworn Sammler will Einzelstücke. Viele Vereine geben mittlerweile extra für die Sammler Echtheitszertifikate heraus, damit man es schwarz auf weiß hat, dass man ein absolutes Unikat besitzt.

“Ist das meins?”

Das sorgt natürlich nicht nur für strahlende Gesichter beim neuen Besitzer der Trikots. Auch die Jungs, die die Jerseys über das Eis getragen haben bekommen teilweise ein Leuchten in die Augen, wenn man Ihnen ihre alten Original-Trikots unter die Nase hebt. Wer rechnet schon damit, dass man X Jahre nach dem letzten Spiel einer Saison sein Trikot im 7000km entfernten Deutschland wiedersieht. So ernten viele Sammler von gestandenen Eishockeyspieler ungläubige Blicke, wie man solche Mühen aufnehmen kann nur um ein Kleidungsstück zu organisieren. Auch deutsche Spieler freuen sich über die teils doch ungewohnt hohe Aufmerksamkeit. So ersteigerte Raph das Originaltrikot von Peter Kathan, was diesen sichtlich irritierte: “Wow, so viel Geld für mein Weihnachtstrikot… (Kramt in seinen Hosentaschen) – schade, jetzt hab ich gar nichts Persönliches von mir dabei, was ich Dir dazugeben könnte.”

Das kostet wie viel?!?

So viel Geld. Damit sind wir bei einem kritischen Thema. Einige sind sich über die Existenz der Spezies der Sammler nicht bewusst. Und mancher Groupie stand doch etwas traurig an der Abschlussfeier mit gesparten 100€, die nun mal gegen einen echten Sammler nicht ausreichen. Die Schmerzgrenze liegt bei einigen doch deutlich höher. Unsere Interviewpartner liegen mit ihrem teuersten Trikots zwischen 380,- €, 650,- € und stolzen $2.000 (ca. 1.500,- €). Für die Summe gab es aber immerhin ein Trikot das im Stanley-Cup Finale getragen wurde, und dessen Träger den Cup am Ende auch in die Höhe stemmen durfte. Das wird dem glücklichen Sammler aber aller Voraussicht nach verwehrt bleiben.

Glaubensfragen

Wie auch Eishockeyspieler sind auch die Sammler sehr “gläubige” Menschen. Die einen schwören darauf, dass nur ungewaschene und ununterschriebene Trikots sich Gameworn schimpfen dürfen. Wieder andere sehen das als “Schweinkram” (Stefan) an. Es hat aber Gründe, warum mancher Sammler sein Trikot auf keinen Fall waschen will. Die ganzen Spuren auf dem Trikot von Puck, Bande, Gegenspielern, usw. gehören zu diesem Unikat. Sie dürfen auf keinen Fall durch intensives reinigen verschwinden, da doch sonst die klaren Zeichen eines Gameworn Trikots verschwinden. Allerdings waschen die Vereine mittlerweile die Trikots so häufig, dass sie in einem relativ sauberen Zustand bei den Sammlern ankommen. Raph trifft es dabei auf den Punkt: “Manchmal bleibt aus hygienischen Gründen nichts anderes übrig, als die Trikots zu waschen.”

Das waschen wälzt dann der ein oder andere aber schnell auf seine Partnerin ab, die ja eigentlich mit einer solchen Sammelleidenschaft schon genug gestraft ist. Stefan, und hoffentlich auch seine Partnerin, sieht das aber mit Humor: “Sie sammelt Handtaschen und ich halt Trikots – beide schütteln wir den Kopf über den jeweils anderen, aber wenn’s den anderen glücklich macht.”

Dankeschön

Unsere Interviewpartner und Quellen der Weisheit zum Thema Gameworn Jerseys:

Raphael Broghammer aus Schwenningen
Frank Schwarzwälder aus Bietigheim – www.myhockeygamer.com
Stefan Zimowski aus Hamburg – www.zimowski.de


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2 Kommentare »

  • sebastian said:

    Die Trikot-Geschichte eines Spielers, da arbeite ich noch dran. Muss aber nicht Gameworn sein ;-)

  • sebastian said:

    Boah, mal geschaut. Das sind schon massive Kollektionen, die die beiden mit Homepage da zeigen…

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