Bleibt der Titel im Ländle?

22 April 2010 Text: Dominik Sander
Foto: Thorsten Drack / td-pictures.com

Déjà-Vu in München, Partystimmung in Schwenningen. Das Finale der zweiten Bundesliga steht fest. Ebenso steht fest: Einen Aufstiegsverzicht wird es diese Saison nicht nochmal geben. Die Verantwortlichen beider Teams haben bereits angekündigt, im Falle einer Meisterschaft den Gang in die DEL anzutreten. Doch wer wird es schaffen? Wird es wieder einen Münchner Verein in der 1.Liga geben? Oder kehrt der Kult-Dorfklub aus Schwenningen ins Oberhaus zurück?

SERC Wild Wings

Sieben Jahre nach dem Lizenzentzug klopfen die Schwenninger wieder ans Tor zur ersten Liga. Eine beeindruckend kurze Zeitspanne, wenn man die Geschichte der Wild Wings etwas näher verfolgt. Zum Beispiel fand das erste Eishockeyspiel der Schwenninger erst 23 Jahre nach der Vereinsgründung statt. Aber nur 54 Jahre danach gelang der Sprung in die erste Liga. Dort blieben die Schwenninger ihrer Tradition treu und blieben dort für 22 Jahre, ehe die Lizenz wegen eines Insolvenzverfahrens entzogen wurde. Was sind da also schon sieben Jahre? Nichts.

Passiert ist in Schwenningen in der Zeit aber trotzdem einiges. Den alten Bauchenberg gibt es nicht mehr wirklich. Heute erstrahlt dort die Helios Arena, was vor allem die Gästefans freuen dürfte. Die Schneemassen im Genick gehören der Vergangenheit an und sind nur noch Anekdoten der alten Hasen, oder eben alten Schwänen.  Mit Stefan Wagner holte man sich einen kompetenten sportlichen Leiter und mit Axel Kammerer einen Trainer, der natürlich in der Hall of Fame des deutschen Eishockeys gelistet ist. Es soll etwas großes Entstehen in Schwenningen, so wird die ganze Region mobilisiert und es strömten in den bisherigen Play-Off-Heimspielen im Schnitt über 4.500 Zuschauer in die neue Helios Arena. Zum Vergleich: Das übertrifft die Play-Off-Schnitte der DEL-Halbfinalteilnehmer aus Ingolstadt oder Wolfsburg locker.

Natürlich gewinnt aber das Umfeld keine Spiele. Dafür haben die Wild Wings eine ausgeglichene schlagkräftige Truppe auf die Beine gestellt. Zwar machte man es sich teils recht leicht, indem man einfach sechs Spieler und Trainer vom letztjährigen Überraschungsteam aus Tölz holt, dennoch schlugen auch die “Unbekannten” voll ein. Brock Hooton, Jason Guerriero und Dan Hacker kannte man in Deutschland vor dieser Saison nicht. Im Schwarzwald sind sie aber schon jetzt nicht mehr wegzudenken, weshalb Hacker und Hooton bereits jetzt über Verträge für die kommende Saison verfügen. Dazu ein Steve Silverthorn im Tor der nicht umsonst vor drei Jahren in der amerikanischen ECHL zum besten Spieler der Play-Offs gewählt wurde. Doch die größte Stärke der Wild Wings ist das Kollektiv. Natürlich stechen Hooton, Hacker und Guerriero heraus, aber trotzdem trafen bereits 14 verschiedene Spieler für die Wild Wings in den Play-Offs ins Tor der Gegner.

Die erste Runde der Play-Offs meisterte der Vorrundenprimus nicht locker, aber dennoch beeindruckend. Nach vier Spielen war Kaufbeuren ausgeschaltet, und selbst ein 0:3 Rückstand im vierten Spiel drehten die Schwäne noch in der regulären Spielzeit. Mehr Anstrengung war dann im Halbfinale mit dem amtierenden Meister aus Bietigheim nötig. Alle Spiele in Schwenningen waren knapp und bitter umkämpft. Die Partien in Bietigheim hingegen waren dreimal deutlich, sogar zweimal für die Wild Wings. Nach sechs Partien stand dann der erste Finaleinzug der Schwenninger Eishockeygeschichte fest.

EHC München

Sieben Jahre? Eine verdammt lange Zeit. Denn den EHC München gibt es erst seit 12 Jahren. Natürlich wurde in München schon davor Eishockey gespielt. Die Maddogs (damals noch als EC Hedos) und die Barons wurden sogar deutscher Meister, allerdings gingen die Maddogs Pleite und die Barons zogen nach Hamburg. Grund genug das Eishockey in München auf solide Füße zu stellen. Das gelingt den Verantwortlichen des EHC bisher recht gut. Auch wenn vor der Saison 2007/2008 händeringend nach einem Hauptsponsor gesucht wurde, um einen schlagkräftigen Kader für die zweite Liga aufstellen zu können. Sogar mit einem Rückzug aus der zweithöchsten Spielklasse wurde gedroht. Ein Sponsor wurde gefunden, der EHC wurde in der Folgesaison Vizemeister.

Zwei interessante Gemeinsamkeiten teilt sich der EHC München mit den Schwenninger Wild Wings. Beide Teams haben bisher “nur” je einen, mehr oder weniger, unbedeuteten Titel. Schwenningen holte 1988 den einmalig ausgetragenen Bundesliga-Cup und der EHC München gewann 2010 den Deutschen Eishockey Pokal. Allerdings nahmen keine Vereine aus der DEL am Pokalturnier teil. Es gab nämlich für beide Teams auch in der Oberliga nie einen Titel zu feiern, beide Teams stiegen als Vizemeister auf. Eine Tatsache, die sich wohl für einen der beiden Clubs 2010 ändern wird.

Der EHC trägt seine Heimspiele, wie schon die München Barons, im Olympia-Eissportzentrum aus. Das ist nicht zu verwechseln mit der benachbarten Olympiahalle in der der Deutschland-Cup ausgetragen wird. Dennoch genügt es mit 6256 Plätzen den DEL Ansprüchen. Zumal die Halle selten mit dem Prädikat “ausverkauft” aufwarten kann. Im Schnitt besuchten 2.895 Zuschauer die Play-Off-Partien und ausverkauft war die Halle in der Geschichte des EHC München überhaupt noch nie. Das könnte sich aber in diesem Finale ändern.

Der Kader des EHC ist schon auf dem Papier beeindruckend. Auch auf dem Eis zeigen die Münchner, dass sie den Ansprüchen gerecht werden. Das liegt vor allem an Kontinuität. Der Vizemeister-Kader aus der vergangenen Saison konnte praktisch komplett gehalten werden dazu kamen mit Dominic Auger, Sven Gerbig und Daniel Hilpert drei Spieler mit ordentlich DEL-Erfahrung. So konnte auch die Verletzung von Topscorer David Wrigley mitten in den Play-Offs ohne größere Probleme abgefangen werden. Eine weitere Stärke des EHC ist auch die tiefe auf der Torhüterposition. Ob nun Sebastian Elwing, dessen Maske diese Woche aus der Kabine gestohlen wurde, oder Jochen Vollmer im Tor stehen wird ist egal. Beide haben gezeigt, dass sie das Können haben ganz oben mitzuspielen.

Schon vor der Saison war das erklärte Ziel: Der Aufstieg in die DEL. Und München lies den Worten auch Taten folgen. Nur am ersten Spieltag lagen sie auf Platz sechs, danach war es entweder Platz eins oder zwei. Und auch in den Play-Offs ließ man bisher keinen Zweifel aufkommen. 4:0 gegen Weißwasser, 4:1 gegen Ravensburg. Einziger Makel: Das verlorene Heimspiel gegen Ravensburg. Und dann ist da noch das Déjà-Vu aus der vergangenen Saison: Auch damals gab es Platz zwei nach der Vorrunde, einen Sweep im Viertelfinale, ein 4:1 gegen Ravensburg im Halbfinale und dann ein Finale beim Vorrundenersten aus einer schwäbischen Kleinstadt. Am Ende stand nur die Vizemeisterschaft.

Redaktionstipp: “Schwenningen wird Meister in drei Spielen” behauptet Häger standhaft. Ort will ihm zunächst nicht beipflichten lässt sich aber auf ein 3:1 für die Wild Wings einschüchtern. Sander faxt bereits den Schiri-Protest-Vordruck nach Schwenningen und schließt sich dann an: 3:1 für die Wild Wings. Die Bayern müssen sich langsam an feiernde Schwaben in  ihrer Landeshauptstadt gewöhnen.


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