Die “Süd-Mafia” und das Finale

13 April 2010 Text: Manuel Ort, Ralf Leising
Foto: Privat

Mit gerade mal 11.691 Einwohnern gehört Peiting zu den kleinsten Hochburgen des deutschen Eishockeys, das alles hält beim ECP aber keinen davon ab sehr erfolgreich Eishockey zu spielen.

Bereits zum zweiten Mal in Folge stehen die Peitinger im Finale der Oberliga, hüllen allerdings, wie auch schon im letzten Jahr, den Mantel des Schweigens über eine elementare Entscheidung: Aufsteigen oder nicht, im Falle des Falles man wird Meister der Oberliga. Beim Gegner aus Rosenheim sieht das ähnlich aus, die Verantwortlichen reden zwar seit Beginn der Saison unbeirrt vom Meistertitel, ob sie das Aufstiegsrecht auch wahr nehmen, wird dabei nicht wirklich klar. Fakt ist: Die Fans fordern den Titel und auf den Aufstieg zu verzichten kommt dabei gar nicht in Frage – sehnen sich die Fans der Starbulls doch seit bald sechs Jahren in die Bundesliga zurück. Allgemeine Zustimmung finden die Fans der Rosenheimer in der ganzen Republik, herrscht doch allgemein die Ansicht: „Die Starbulls gehören in die 2. Liga“.

Im Zuge des heute beginnenden Finales, haben wir uns die beiden Teams einmal näher angeschaut und ihren Weg etwas genauer betrachtet.

EC Peiting

Der sympathische „Dorfklub“ genießt in ganz Eishockeydeutschland hohes Ansehen – jedes Jahr holt man aus den wenigen Mitteln die man zur Verfügung hat, das absolute Maximum heraus – zudem wird dort sehr seriös gearbeitet, man gibt nur Geld aus das man hat und übernimmt sich nicht. Alles in allem kann man sagen: Würde jeder Verein so gewissenhaft arbeiten, stünde das Eishockey nicht da wo es jetzt steht.

In Play-Off-Runde eins hatten es die Peitinger mit dem EVL2000 zu tun. Lage Rede kurzer Sinn: Die Landsberger wurden ohne den Hauch einer Chance in die Sommerpause geschickt – mit 23:4 Toren in gerade einmal vier Spielen, darunter ein 10:0,  wurden die Mannen von Marian Hurtik gerade zu deklassiert.

Das Play-Off-Halbfinale war dann schon etwas spannender – mit dem EHC Dortmund erwartete die Peitinger ein Aufsteiger der über die ganze Saison hinweg konstant gute Leistungen ablieferte und sich sicherlich nicht so leicht überrennen lassen würde, wie es der EVL2000 getan hatte. Dass dieses Duell allerdings in einer Schlammschlacht enden würde, hatte vorher sicherlich keiner geahnt. Bereits in Spiel eins, das die Peitinger in der Verlängerung gewannen, deutete sich an das diese Serie noch einiges bereithalten würde – je eine Disziplinarstrafe für den EHC sowie den ECP. Das sich Dortmunds Trainer Gentges in Peiting nicht so wohl fühlte, trotz des Sieges in Spiel zwei, lag an „unangemessenen Reaktionen der Heimfans am Rande der öffentlichen Pressekonferenz“ – so war es zumindest zu lesen. Endgültig kochte die Stimmung dann nach Spiel drei, das in Dortmund stattfand, über – es wurde nicht nur auf dem Eis gekratzt und gebissen, auch Offizielle und Fans gerieten aneinander und in einem Interview redete der Trainer der Dortmunder ganz offen von Betrug. Auslöser für diese Einschätzung war die Schiedsrichterleistung von Herrn Marc Müller – angeblich hätte der ECP das Siegtor, das in der Verlängerung fiel, regelwidrig durch spielen mit zu vielen Feldspielern erzielt. Ein Video sollte dies auch beweisen – tat es aber nicht. Der vom EHC geforderte Penalty war damit zu Recht nicht ausgesprochen worden und man ruderte zurück. Für zusätzlich Zündstoff sorgten auch die Äußerungen auf einer EHC-Fanpage – hier wurde nicht nur von Betrug gesprochen, es fielen auch einige „unschöne Wörter“ in Richtung des Gegners.

Das war natürlich Grund genug für die Kollegen Ort und Leising von der STARTING6 Redaktion einmal nach Peiting zu reisen um sich das vierte und vielleicht entscheidende Spiel der Serie anzuschauen. Schließlich durfte ja einiges erwartet werden, wir waren von Spielerdauerstrafen bis hin zu Ausschreitungen auf alles gefasst. Und was geschah? Nichts. Ok, es gab das ein oder andere Plakat in Richtung Gentges von Seiten der Peitinger Fans aber das wars dann auch. Halt, Eishockey wurde auch gespielt. Peiting gewann nach Verlängerung mit 4:3 gegen den EHC Dortmund und zog damit ins Traumfinale der „Süd-Mafia“ gegen Rosenheim ein.


Starbulls Rosenheim

Fast genau ein Jahr ist es her, als die Starbulls Rosenheim im Play-Off-Halbfinale der Oberliga 2008/2009 auf den ESV Kaufbeuren trafen – ein Wunschgegner, hatte man die Joker doch die Saison über dominiert. Jetzt, ein Jahr später, waren die Vorzeichen andere – die Fans hatten die Schnauze voll von ihrem Team, die Starbulls zeigten teils grauenhafte Leistungen, nichts war zu sehen von Dominanz – kurz vor Schluss wurde sogar das Play-Off-Heimrecht noch an die Roten Teufel Bad Nauheim verloren. Die Situation gipfelte dann in der 1:7 Auftaktniederlage der Play-Off-Serie gegen Nauheim, welches die Fans den letzten Glauben an die Mannschaft verlieren lies. Doch diese Klatsche wirkte wie ein Schlag in den Nacken – die Starbulls zeigten eine engagierte Leistung, gewannen das erste Heimspiel mit 5:2 und konnten sich der Unterstützung Ihrer Fans wieder sicher sein. Herz und Leidenschaft, Kampf und unbedingter Siegeswille wollten die Fans sehen  - und sie bekamen was sie wollten. Über sieben Spiele rang man die Roten Teufel Bad Nauheim nieder und in der darauffolgenden Serie traf man auf den überragenden Hauptrundenprimus aus Herne. Das Team aus Nordrhein-Westfalen, gespickt mit einem Haufen erfahrenen Spielern, hatte nach der Serie gegen Klostersee mit einigen Verletzten zu kämpfen und die Starbulls witterten bzw. nutzten ihre Chance – die Serie ging mit 3:1 Siegen an die Mangfall. Im letzten und entscheidenden Spiel herrschten noch Zweifel bei den Rosenheimer Fans – noch ein Spiel in Herne würde man vermutlich nicht gewinnen, daher blieb nur eine Möglichkeit: Daheim alles klar machen und ins Finale einziehen. Dass das ganze so klar ausgehen würde, hatte man sich sicher nicht im entferntesten erträumt – mit 9:2, das ganze vor überragenden 4.729  Zuschauern, zerlegte man die Herner und zog ins Endspiel gegen Peiting ein.


Redaktionstipp

Nach interessanten Viertelfinal- und Halbfinalbegegnungen treffen die beiden aktuell besten Mannschaften der Oberliga aufeinander, daher gehen wir davon aus, dass auch diese Partien bieten was die Paarung verspricht – intensives, faires und spannendes Eishockey. Da Sander und Häger von der Oberliga so viel Ahnung haben wie wir von Kernspaltung, wurden die beiden von der Abstimmung ausgeschlossen – Grüneis stand eh nie zur Debatte, kennt der Hockey aus der dritten Liga doch eh nur vom Hörensagen.

Gerade die Fans der Rosenheimer werden das Kathrein-Stadion wieder ein eine grün-weiße Hölle verwandeln und den Peitinger Spielern den Besuch so ungemütlich wie nur möglich machen. So leid es uns für das „Gallische Dorf“ aus Peiting tut – die Rosenheimer werden die Serie mit 3:1 gewinnen, sich die höchstmögliche Anzahl an Heimspiele holen und dann nächstes Jahr in der zweiten Liga spielen – den Fans ist es auf jeden Fall zu gönnen.


Dieser Beitrag gefällt mir und ist mir etwas wert: [info]

Ähnliche Artikel

4 Kommentare »

  • Tisi said:

    Absolut erstklassiger Bericht!

  • Casey said:

    Spiel 3 Dortmund – Peiting: War der Schreiber vor Ort oder hat das Video gesehen?

  • Ralf Leising said:

    @ Casey: In Dortmund war keiner von uns. Aber ich habe mir das Video angesehen und den langen Spielbericht plus Interview mit Frank Gentges im Anschluß vom Dortmunder Regionalfernsehen…und was da für mich zu sehen, bzw. nicht zu sehen war, steht genauestens im Artikel beschrieben.

    Natürlich sehen wir uns, WENN wir über eine strittige Szene schreiben wollen so etwas vorher genau an, BEVOR wir über eine solche Szene schreiben, das ist doch selbstverständlich.

  • Olli said:

    Klasse Bericht! Eigentlich alles auf den Punkt getroffen.Vor allem auch der Satz über die Starbulls Rosenheim: “die Fans hatten von ihrem Team die Schnauze voll”…

    Teilweise hat man sich geschämt über das Auftreten des “Teams” in der Vorrunde, somit blieb logischerweise ein Großteil der Zuschauer aus.

    Nach der 1:7 Schlappe in Bad Nauheim war für viele die Saison gelaufen, dass das Team plötzlich aufwacht und die von ihm erwartete Leistung abruft – mit dem hätte wohl keiner gerechnet. Mit viel Glück wurden die ersten beiden Finalspiele gegen die starken Peitinger gewonnen, aber die Mannschaft zeigt Leidenschaft, Kampf pur und im Endeffekt vielleicht den größeren Siegeswillen. Das Glück stand ebenfalls zur Seite – aber was das Umfeld betrifft:

    im 2. Finalspiel 6339 Zuschauer – die Fans lechzen nach der 2. Liga!

    Und da gehören die Starbulls nach etlichen Anläufen auch hin.

    Gruß an alle Eishockeyfans

    Olli

Schreibe einen Kommentar!

Schreibe hier dein Kommentar, oder schreibe einen Trackback auf deine Seite.

Sei nett. Halte die Kommentare sauber. Bleib beim Thema. Kein spamming. Keine Trolle.

Folgende HTML-Tags sind in den Kommentaren erlaubt:
<a href="" title=""> <abbr title=""> <acronym title=""> <b> <blockquote cite=""> <cite> <code> <del datetime=""> <em> <i> <q cite=""> <strike> <strong>